Oeversee, wir kommen

03.03.2012, 06:00 Uhr, trocken, -2°C

Auf nach Oeversee

Für die, die nicht wissen, wo dieser Ort liegt. Etwa 7km südlich der Stadt, in der das leckerste Bier Deutschlands hergestellt wird. Richtig, Flensburg. Und in Oeversee ist die Hauptattraktion -neben den Deichschafen- der nördlichste BMW-Händler der Republik.

Damit ist das Ziel zwar spezifiziert, aber der geneigte Leser fragt sich sicherlich, was zwei Spandauer Samstags morgens um 06:00 bei arktischen Temperaturen nach Oeversee aufbrechen lässt?
Da steht Ninas neues Kälbchen, eine BMW F650CS. Nein, das andere Kalb ist nicht erwachsen geworden und nun ein Gummi-Kuh, es ist auch nicht beschädigt oder zur Schlachtung frei gegeben.

Warum bei diesen Temperaturen?
Nun, weil die Wetterfrösche halt nicht Meteorologen, sondern Meteorolügen als Berufsbezeichnung führen sollten. Statt der angekündigten 4°C sind es -2°C.

Und warum um 06:00?
Naja, die Belegschaft in Oeversee will um 13:00 Feierabend machen und wir wollen das Motorrad. 430km in weniger als sieben Stunden zu zweit auf dem Motorrad ist zu schaffen, aber ein wenig Reserve sollte schon sein.

Aber zur Vorgeschichte, letztes Jahr, um die selbe Jahreszeit, hat Nina ihre F650CS in Spandau erworben. Diese da.

Kalb
Ninas Kälbchen

Der Kaufvertrag lautete auf "erste Hand", "von privat", "nicht gewerblich genutzt" und "unfallfrei". Herr S. aus Spandau erzählte beim Verkauf von seinen Erlebnissen mit dem Motorrad und das er sich nun eine Kawasaki ER6N kaufen würde. Ja, ein Serviceheft hätte er, verbummelt seien aber die Rechnungen der Reparaturen und Inspektionen. Die Schäden an den Lenkergewichten und den Sturzbügeln kämmen von zwei Umfallern im Hof.

Das mit den fehlenden Rechnungen ist ziemlich dumm, da der Riemen alle 20.000km getauscht werden muß und die Maschine 39.000 hat, aber der Riemen sieht gut aus. Nach einer Inspektion unseres Freundlichen, der Riemen ist okay. 14.000km später, Dezember 2011, Vorbereitung zur Jahres-Durchsicht, fragt Nina bei der Werkstatt der letzten Inspektion nach. Der kann sich auch gleich erinneren, eine typenoffene Werkstatt.

Ja, die Maschine der Fahrschule S., da sei der Riemen irgendwann im Rahmen einer Rückruf-Aktion gemacht worden. Nein, das sei noch nicht so lange her.

Fahrschule?

"erste Hand", "von privat", "nicht gewerblich genutzt" und "unfallfrei" steht nach wie vor im Vertrag. Also www-internet-de. Name auf dem Vertrag und auf der Webseite der Fahrschule stimmen überein, auch wird auf der Webseite Ninas Kälbchen immer noch als Motorrad für den gedrosselten A geführt.

Die Web-Seite wird zur Beweissicherung per Screenshoot und Download gesichert.

Es folgt ein Schreiben an Herrn S., das Herrn S. offenkundig am 30.12.2011 zugeht, da er die Unverfrorenheit besitzt, an Sylvester anzurufen und Unsinn von sich zu geben. Nach einigem Lamento ist sein Angebot, 500€ Preisnachlass. Nina antwortet schriftlich, 500€, alle Rechnungen und eine eidesstattliche Versicherung, daß die Maschine unfallfrei ist. Eher eine dezente Forderung, wenn man bedenkt, das Betrug eine Straftat ist.

Die schriftliche Antwort von Herrn S. ist eine Mischung aus Unverschämtheit und Verkennung der Lage und wirkt doch eher belustigend. Herr S. verweigert sowohl die Rechungen, die sich wohl in der Buchhaltung seiner Fahrschule befinden, als auch die eidesstattliche Versicherung betreffend der Unfallfreiheit. Nina ficht daraufhin den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung an und setzt eine Frist, das Motorrad zum 26.02.2012 gegen Übergabe des Kaufpreises abzuholen. Die Anfechtung wird Herrn S. per Gerichtsvollzieher zugestellt.

Nun, der 26.02. verstreicht ergebnislos. Nina hat zwischenzeitlich ein neues Kalb gefunden, ist sich handelseinig geworden und hat die Papiere bekommen. Am 28.02. wird die Alte ab- und die Neue angemeldet.

Also, auf nach Oeversee. Mit Nina als Sozia. Es gibt kein schlechtes Wetter, nur falsche Kleidung. Nach 80km Autobahn mit Tempo 120-140 bewahrheitet sich der Spruch. Nur die Finger- und Zehenspitzen sind kalt. Da unsere Saison 2012 bereits am 03.01. begonnen hat, sind wir entsprechend ausgestattet und trainiert. Erst in Schleswig-Holstein gehen die Temperaturen wieder über Null. Trotz 5 Zigaretten- und Tankpausen erreichen wir den Händler um 12:00 Uhr. Es gibt erst ein Mal Kaffee und es ist Auftrieb. Sonne, trocken 5-6° und März. Also Wiedereinsteiger, Bruchstrich- und Schönwetterfahrer bevölkern die Straßen. Der Händler hat die Hütte voll.

Und das ist sie.

Silber
Das neue Kälbchen.

Wir schlendern durch Flensburg und treffen in der Fußgängerzone zufällig Verwandte, die auch auf Besuch in Flensburg sind. Nachdem wir einen ordentlichen Barolo gefunden haben, müssen wir noch 2 Gläser erwerben und ein Kellnerbesteck. Das Hotel bietet keine vernünftige Gläser. Wir gehen noch bei einem Italiener (der sich als sehr gut herausstellt) etwas essen und genießen danach unseren Wein. Die Gläser gehören nun dem Hotel, wir haben sie als eine Art Trinkgeld da gelassen.

Am nächsten Morgen, soll es um 09:00 losgehen. Überraschung!

Das neue Kalb dreht zwar, aber es reicht nicht zum Auf- bzw. Anspringen. Sonntag, 09:00, Flensburg, knapp 450km nach Hause. Der ADAC. Im Call-Center erklärt dann eine superschlaue Mitarbeiterin, während des Anrufs, da sei wohl der Anlasser kaputt. Abgesehen davon, das man an der technischen Kompetenz von Call-Center-Agenten grundsätzlich mal zweifeln darf, ist es sehr sinnvoll, eine Ferndiagnose zu stellen, die der Diagnose des Betroffenen entgegensteht und diese dann noch diskutieren zu wollen.

Es war eine abgerauchte Sicherung, die, an der auch die Ladekontrolle hängt. Warum die Leuchte nicht angegangen ist (sie funktioniert), weiß niemand so genau. Der ADAC-Fahrer gibt Nina Starthilfe und das war es dann. Ab nach Hause.

Das Nachspiel.

Tourdaten

Abfahrt: 03.03.2012, 06:00Uhr (pünktlich !!!)
Rückkehr: 04.03.2012, 16:30Uhr
Strecke: 903km
Pässe: Keiner.
Kurven: Wenige.
Defekte: 1 10A-Sicherung am neuen Kalb
Pannen: 1, Starthilfe, da an der 10A-Sicherung die Laderegelung hängt und die Batterie leer war.
Strafzettel: Keine.
Kontrollen: Keine.
Unfälle: Keine.
Fazit: Deutsche Autobahnen sind langweilig